Das spröde Licht: Tomás GonzálezI

Tomás González: Das spröde Licht. Fischer Verlag. 2012
Tomás González: Das spröde Licht. 176 Seiten. S. Fischer. 2012

Bei den Neuanschaffungen in der ÖB Bonn sprang mir dieser Buchtitel ins Auge: „Das spröde Licht“ des kolumbianischen Autors Tomás González. Es ist eine sprachlich klare, einfühlsame und eindringliche Erzählung über die Liebe, die Familie, das Altwerden, das Leben und das Sterben.

Was der Ich-Erzähler David zu berichten hat, liegt 18 Jahre zurück, aber die Geschehnisse sind noch so lebendig in ihm, als wäre alles gestern passiert. David, einst ein in den Staaten und Kolumbien erfolgreicher Maler, greift als Übersiebzigjähriger zur Feder, da er wegen seiner rasch fortschreitenden Erblindung nicht mehr malen kann. Doch es ist ihm ein Bedürfnis aufzuschreiben, wie er und seine Familie den Freitod des ältesten Sohnes Jacobo erlebten, wie sie ihn fürchteten und gleichzeitig wünschten: „Ich schaute auf die Uhr. Es war nach halb eins. Die Zeit kam mit einer Wucht auf uns zu, als wolle sie uns mit Steinen und Ziegeln überschütten.“ (S. 54) Jacobo, seit einem Verkehrsunfall querschnittsgelähmt, leidet unter zunehmend unerträglichen Schmerzen. Deshalb beschließt er, mit Wissen der Familie und in Begleitung seines Bruders Pablo in Portland die Sterbehilfe eines Arztes in Anspruch zu nehmen. Obwohl die Eltern zusammen mit dem jüngsten Bruder Arturo (und einigen eingeweihten oder ihnen nahe stehenden Personen) im fernen New York warten, sind sie in jeder Sekunde bei ihren Söhnen im fernen Oregon.

Man könnte meinen, dass allein dieses Thema zwangsläufig eine traurige, bedrückende Erzählung zur Folge haben müsste. Doch wie der alte Mann – längst wieder in Kolumbien – aus einer erfüllten Gegenwart heraus zurück auf seine Familie, die Ehe mit seiner bereits verstorbenen Frau und seine schöpferische Arbeit als Maler blickt, zeigt, dass solche einschneidenden Ereignisse zum Leben dazugehören und sie einen nicht mut- und freudlos machen müssen. „Eine Welt ohne Schmerz, dachte ich, wäre so unvollständig, unharmonisch und hässlich wie eine Skulptur oder ein Baum ohne Schatten.“ (S. 143)

Das gebundene Buch hat 176 Seiten und ist 2012 im S. Fischer-Verlag erschienen. Das Original erschien 2011 im Verlag Alfaguara in Bogotá und wurde von Peter und Rainer Schultze-Kraft sehr gut übersetzt. Nach der Lektüre von „Das spröde Licht“ denke ich, es lohnt sich, noch mehr von Tomás González zu lesen. Von Irmgard aus Oberwinter

Dieses Buch kann in der Bücherei ausgeliehen werden. Hier kannst du dich vormerken.

5 Antworten auf „Das spröde Licht: Tomás GonzálezI“

  1. Danke für diesen tollen Tipp. Der Titel ist schon was Besonderes und auch die Rezension zeigt, dass ein besonderes, nicht einfaches Thema behandelt wird. Es macht neugierig auf das Buch und hört sich sehr lesenswert an. Ich denke, wir werden in Kürze über die Anschaffung beraten. Herzliche Grüße aus dem anderen Ortsteil.

  2. Mensch, dieser Blog wird bald gefährlich für unser Bücherei-Budget! Schon wieder so ein toller Tipp, der selbstverständlich auf meiner Wunschliste notiert worden ist. Gerne mehr solcher Entdeckungen! Auch von mir liebe Grüße flußabwärts 🙂

  3. Was für ein wunderschönes Cover und was für ein poetischer Titel. Eine hohe Sprödigkeit besitzen meist Materialien großer Härte. Oder ich kenne Menschen, die spröde sind – aber das Licht? Auf diese Geschichte bin ich sehr gespannt!
    Ein riesiges Dankeschön nach Oberwinter für diesen Buchtipp
    Und ein herzliches Willkommen auf dem Buchstabentaucher, Irmgard

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