Die Liegenden: Michele Serra

Michele Serra: Die Liegenden. Diogenes, 2014, 149 Seiten, aus dem Italienischen
Michele Serra: Die Liegenden. Diogenes, 2014, 149 Seiten, aus dem Italienischen

Ein Vater steht ziemlich rat- und verständnislos vor der Generation seines 17-jährigen Sohnes, die wenig Anteil an ihrer Umwelt nimmt bzw. deren Um-Welt aus den sozialen Medien besteht, die man im Liegen bedienen kann. Daher auch der Titel: Die Liegenden.

Teils witzig, weil man als Leser mit pubertierenden Kindern genau dieses Phänomen wiedererkennt. Aber genau deshalb teils ein bisschen frustrierend, weil die Beschreibung dieses ungeliebten Phänomens wenig Neues bringt.

Wie ein roter Faden zieht sich der Wunsch des Vaters durch das Buch, seinen Sohn auf eine Wanderung auf den Colle della Nasca mitzunehmen. Als die Wanderung endlich stattfindet, muss bzw. darf der Ich-Erzähler die Erfahrung machen, dass diese liegende Generation doch die Fähigkeit hat, die Elterngeneration einmal abzulösen. Ohne es zu bemerken, hat Sohnemann ihn überholt und den Gipfel längst vor ihm erreicht.

Eine Geschichte zwischen den Generationen, die es immer schon gab und immer wieder geben wird.

Irmgard

Das Buch ist in der Bücherei ausleihbar. Hier kannst du dich vormerken.

Der lange Atem: Nina Jäckle

Nina Jäckle: Der lange Atem. Roman- Klöpfer & Meyer, Tübingen 2014; 170 S.
Nina Jäckle: Der lange Atem. Roman- Klöpfer & Meyer, Tübingen 2014; 170 S.

Wenn für ein Buch der Evangelische Buchpreis verliehen wird, handelt es sich um literarisch außergewöhnliche Bücher, die aber leider oft beim Publikum auf zu wenig Resonanz stoßen. Diesem behutsam erzählten, hervorragenden Roman wünsche ich sehr viele Leser!

„Der lange Atem“ spielt in der Nähe von Fukushima, eineinhalb Jahre nach der verheerenden Tsunami-Katastrophe. Der Ich-Erzähler, von Beruf eigentlich Phantomzeichner, lebt mit seiner Frau in der Nähe seines zerstörten Hauses. Tag für Tag geht er gewissenhaft der Aufgabe nach, die Gesichter Verschollener anhand von Fotos nichtidentifizierter Toter zu rekonstruieren. Auch das Gesicht der kleinen Nachbarstochter Aoko muss er zeichnen. Wie wichtig es für die Hinterbliebenen ist, dass die Toten Namen bekommen, zeigt sich an den Begegnungen mit der jungen Frau, die ihn bedrängt, ihren Bruder zu zeichnen, damit ihre Mutter in Frieden sterben und sie selbst leben kann.

Doch für die Überlebenden offenbart sich in allem, was sie jetzt sehen und wie sie jetzt leben, dass nichts mehr ist wie es war. Sei es das Meer, die Landschaft, das Spiel der Kinder, die Menschen im Umgang miteinander. Ein Neuanfang kann es immer nur auf den Ruinen des alten Lebens geben. Für die Frau des Zeichners ist dies keine Option; sie verlässt ihren Mann und den mit unerträglichen Erinnerungen gesättigten Ort für immer. Ihm bleibt das „Platzhalter-Fotoalbum“, in das er seine nun gezeichneten Erinnerungen klebt.

Ein bewegender Roman, leise erzählt, in Bildern, die die unverheilten Wunden der japanischen Seele nach dem 11. März 2013 einfühlsam widerspiegeln.

Irmgard

Der Roman ist in der Bücherei ausleihbar. Hier kannst du dich vormerken.

Der Grund: Anne von Canal

Anne von Canal: Der Grund. - Mare Verlag, 3. Aufl. 2014; 272 S.
Anne von Canal: Der Grund. – Mare Verlag, 3. Aufl. 2014; 272 S.

„Mayday, mayday!“ Mit dem Notruf von der sinkenden Estonia beginnt dieses sehr lesenswerte Erstlingswerk einer jungen Autorin und Skandinavienkennerin.

Laurits Simonsen ist im Aufbruch zu einem mehrwöchigen Engagement als Pianist an Bord eines Luxuskreuzers, als ihm seine Freundin eröffnet, dass sie schwanger ist. Von dieser Tatsache überrumpelt, stellt er sein bisheriges Leben auf den Prüf-stand. Kann er noch einmal in einer festen Beziehung mit Kind eine Heimat finden und glücklich sein? Denn in seinem Leben hat es schon einige radikale Brüche gegeben, weil er in Extremsituationen nicht zu Kompromisslösungen fähig oder willens war, auch wenn er sich selbst damit am meisten verletzt hat.

Es ist anregend und auf hohem Niveau unterhaltsam, dem Protagonisten auf den Stationen seines Lebens als einziger Sohn eines dominanten und ehrgeizigen Vaters sowie einer schwachen Mutter, als gescheiterter Pianist, als engagierter Gynäkologe, als liebender Ehemann und als verwaister Vater zu folgen.

So wie sich das Motiv des Schiffes mehrdeutig durch den Roman zieht, ist auch sein Titel „Der Grund“ vieldeutig. Es gibt gute Gründe, dieses Buch zu lesen!

Irmgard

Dieser Roman ist in der Bücherei ausleihbar. Hier kannst du dich vormerken.

Das Herz der Nacht: Ulrike Schweikert

Ulrike Schweikert: Das Herz der Nacht. 480 Seiten. Egmont. 2009
Ulrike Schweikert: Das Herz der Nacht. 480 S. Egmont. 2009

„Das Herz der Nacht“ beschreibt das „Leben“ des Vampirs András Petru Bárthory. Der Autorin ist es gelungen, eine fantastische Vampirgeschichte in einen wunderbaren historischen Roman einzubetten. Ulrike Schweikert schreibt wie gewohnt recht detailverliebt. Die Beschreibungen des altertümlichen Wiens zur Zeit Mozarts nehmen den Leser mit auf eine spannende Zeitreise, bei der man das Gefühl hat, bei einer Kutschfahrt im Prater oder beim Wiener Schlittenkarusell dabei zu sein. In den Nächten genießt man gesellschaftliches Vergnügen – tagsüber wird in einem komfortablen Sarg im Palais geschlafen. Das klappt alles wunderbar!

Das Buch ist nicht in die (moderne) Kategorie “Vampirroman” zu stecken. ‚Teeniegeschmachte‘ wird man nicht finden, aber wohl eine Prise Romantik.

Es ist ein Krimi, eine Geschichte über Freundschaft und ein historischer Roman – und bei den historischen Romanen steht es auch in unserer Bücherei. Es ist schon 2009 erschienen.

Ingrid

Dieses Buch kann in der Bücherei ausgeleihen werden. Hier kannst du dich vormerken.

Der Bibliothekar, der lieber dement war als zu Hause bei seiner Frau – Dimitri Verhulst

Dimitri Verhulst: „Der Bibliothekar, der lieber dement sein wollte als zu Hause bei seiner Frau“ Luchterhand, 2. Aufl. München 2013, 140 S., aus dem Niederl.
Dimitri Verhulst:
Der Bibliothekar, der lieber dement war als zu Hause bei seiner Frau.
Luchterhand, 2013, 140 S., aus dem Niederl.

Als der ehemalige Bibliothekar Desiré Cordier feststellen muss, dass mit 74 Jahren das Leben rasant schnell zu Ende geht, möchte er seine kostbare Restzeit nicht länger mit seiner ungeliebten dominanten Frau Moniek verbringen. Zumal die Aussicht, das Haus mit seinem Refugium „Garten“ gegen eine altersgerechte Stadtwohnung – noch enger an Moniek gekettet – für ihn eine entsetzliche Perspektive ist.

Um dem zu entgehen, beschließt er, Demenz vorzutäuschen, was ihm so gut gelingt, dass er bald im Pflegeheim mit dem vielsagenden Namen „Winterlicht“ untergebracht ist. Das alles ist flott und unterhaltsam erzählt, dabei mit einem klaren Blick auf die Zustände in Pflegeheimen und den Umgang mit Dementen. Aber letztendlich schießt Desiré doch ein Eigentor. Denn wer will schon ernsthaft unter Dementen leben, von der Familie und den Freunden verlassen, wenn er in Wirklichkeit klar sieht? Das ist der Preis der echten wie der gespielten Altersdemenz: Man ist allein. Der von Kapitel zu Kapitel erweiterte kurze Vorspann “Ich gehe über den Styx und packe ein…“ macht doch allzu deutlich, dass der Schritt ins Pflegeheim ein endgültiger ist. –

Ein tragi-komisches Lesevergnügen auf 140 Seiten.

Irmgard

Das Taschenbuch ist in der Bücherei ausleihbar. Hier kannst du dich vormerken.

Schwarzer Sand. Soul Beach 2

Kate Harrison: Soul Beach (2) - Schwarzer Sand. 376 Seiten. Loewe Verlag. 2014
Kate Harrison: Soul Beach (2) – Schwarzer Sand. 375 Seiten. Loewe Verlag. 2014

Alice versucht noch immer den Mörder ihrer Schwester zu finden. Sie hält sich oft in der virtuellen Welt von Soul Beach auf und ist dort mit einigen befreundet, vor allem mit Danny. Ihre Eltern finden es nicht gut, dass sie so viel Zeit im Internet verbringt und sind daher offen für einen Urlaub, den Alice mit Freunden nach Spanien (Barcelona) unternimmt. Über Javier, den sie am Strand kennengelernt hat, will sie in Spanien mehr herausbekommen. Seine genauen Todesumstände klären, damit er mit ihrer Hilfe „erlöst“ wird und Soul Beach verlassen kann. Lewis, ein Freund von Alice, versucht weiterhin ihr bei ihren Internet Recherchen zu helfen. Unsicher, wem sie trauen kann, und wer der gesuchte Mörder ist, das nagt ziemlich an Alice.

Da ich den 1. Band gelesen hatte und von der Idee dieser Geschichte fasziniert war, musste ich den 2. Band lesen und fand ihn ähnlich spannend aufgebaut. Man fragt sich selber, wer ist jetzt hier der Mörder? Oder ist es eine Mörderin? Mit Alice habe ich mitgefiebert und zugleich ein wenig Angst um sie gehabt, weil sie sich in Gefahr begibt. Das Cover ist in Türkis getaucht, was mir positiv aufgefallen ist.

AsDa

Dieses Buch kann in der Bücherei ausgeliehen werden. Hier kannst du dich vormerken.

Soul Beach 3 – Salziger Tod: Kate Harrison

Kate Harrison. Soul Beach (3) - Salziger Tod. 384 Seiten Verlag: Loewe. 2014
Kate Harrison. Soul Beach (3) – Salziger Tod. 384 Seiten
Verlag: Loewe. 2014

Das Cover ist diesmal in Gelb getaucht, zur Abwechslung und Unterscheidung der anderen zwei Bände fand ich es gut. Als ich den Titel einer Freundin schrieb, kam zurück, es klänge nach zu viel Chips = Salziger Tod. Darüber musste ich lächeln. Der 3. Band hat mich sofort in seinen Bann gezogen, ich konnte ihn fast nicht aus der Hand legen.

Die Eltern sind besorgt und konfiszieren den Computer. Da sie davon überzeugt sind, das Alice eindeutig zu viel Zeit im Internet verbringt und es ihr nicht gut tut. Die Mutter zwingt sie zur psychologischen Beratung ihres Therapeuten, mit sanfter Gewalt. Um ihre Eltern zu beruhigen macht sie oberflächlich mit. Jedoch kommt sie über ihren Freund Lewis an den Computer und ins Internet. Ihre beste Freundin Cara deckt sie, soweit es erforderlich ist. Einfach unbezahlbar, so eine Freundschaft. Alice fühlt sich bedroht, von Meggies Mörder, kann aber nicht von ihren Nachforschungen lassen. Zu groß ist das Bedürfnis dahinter zu kommen, wer es jetzt war. Sie verdächtigt u.a. Sahara, eine Freundin ihrer Schwester, so ganz sicher ist sie sich aber noch nicht.  Auch versucht Alice ihren Danny, eine der „Seelen“ am Soul Beach zu „erlösen“ und Licht hinter seinen Tod zu bringen. Wie ihr das und alles gelingt, lest selbst…

AsDa

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Blau ist die Farbe der Liebe: Carlotta Franck

Carlotta Frank: Blau ist die Farbe der Liebe
Carlotta Frank: Blau ist die Farbe der Liebe. 297 Seiten. Knaur. 2014

Sanne Mewes kommt über den Tod ihres Mannes David, der vor 2 Jahren jung an Krebs gestorben ist, nicht hinweg. Sie flüchtet sich in Gespräche mit ihm, die sie in einem Tagebuch aufschreibt. Ihre 3 Kinder sind erwachsen und außer Haus, sodass sie genug Zeit hat, ihrer Trauer Raum zu geben. Um sie ein wenig abzulenken, überredet ihre Freundin Maria sie zu einer Shoppingtour nach Paris. Als Übersetzerin spricht Sanne die Sprache fließend und fühlt sich gleich in dem Land so wohl, dass sie alleine weiter in die Bretagne fährt.

Dort trifft sie den Schriftsteller Mathieu, dessen Bücher Sanne ins Deutsche übersetzt hat, der aber jetzt unter einer Schreibblockade leidet. Die Beiden verlieben sich ineinander und beginnen eine leidenschaftliche Beziehung. Doch diese Beziehung wird immer wieder von Sannes Zweifeln überschattet: Betrügt sie mit dieser Beziehung ihren verstorbenen Mann? Darf sie auf eine zweite Liebe hoffen? Was werden ihre Kinder sagen? Hat sie ein Recht auf einen Neubeginn, dazu noch an der Seite eines Mannes?

Carlotte Franck thematisiert den Umgang mit der Trauer um einen geliebten Menschen und die Schwierigkeiten, wieder neu Fuß zu fassen. Sehr glaubwürdig und nachvollziehbar werden Sannes Gefühle beschrieben. Leider hat mich das Ende der Geschichte nicht mehr überzeugt.

Agnes

Dieses Buch kann in der Bücherei ausgeliehen werden. Hier kannst du dich vormerken.

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